25.07.11

WELTEN IN WELTEN IN WELTEN IN WELTEN



AKTUELL 24.07.2011

Besucht meinen Blog bitte regelmässig und verlinkt ihn mit meinen und euren Freunden!



Wieder eine schöne Zahl heute: Der Anfang, das Ziel und die Sprache. Drückt mir jetzt einfach die Daumen. Ich habe die ganze Nacht gearbeitet. Ich befand mich in einem Zustand luzidester Wachheit. Und als ich dann doch noch schlief, zwei, drei Stunden, fiel ich in die tiefsten und weitesten Zone. In die unermesslichsten Gründe, wo es nur Grund und Grund und keine Abgründe gibt, nur den Raum, in dem es keine Abgründe gibt, keine Hintergründe, sondern nur dieses Sein, das sich  dauernd dinghaft macht und das sich, wenn wir es zulassen, dauernd in uns versachlicht, so versachlicht, dass es erscheint, einfach aus sich scheint, aufscheint und den Garten der Schönheit, der unzählbaren Schönheit entlässt.


Als ich aufwachte, kam das Licht gleich einem zärtlichen Wesen durch das offene Fenster und legte sich sanft, ja, zärtlich auf meinen schwachen Körper. Und die frische Luft und der leichte Wind entzückten meine Haut so, dass sich in mir ein Jubel laut machte.


So ist jetzt mein Programm

> Nach dem kurzen Urlaub begebe ich mich heute Abend  wieder in den Spital, um mich den Händen der Ärzte zu geben.
  

>  Morgen, am 25. Juli 2011, werde ich operiert. Dann wird, vormittags, in einem gut fünfstündigen Eingriff, dieser Tumor entfernt, der sich in meinem Kopf jetzt sehr, fast von heute auf morgen aggressiv breit machte.
  

>  Nach der Operation werde ich wohl zwei Tage auf der Intensivstation liegen und dort überwacht.


>  Und dann werde ich sicher acht bis zehn Tage auf der Station liegen. Während dieser Zeit kann man mit mir Kontakt aufnehmen, telefonisch und auch per E-Mail. Ich kann die Mails lesen, aber ich kann nicht alle einzeln beantworten.  Ich werde sie jedoch jeweils, wenn ich kann, im Blog zusammenfassen und ihnen in ihm eine gemeinsame Antwort geben. Jedes Wort und jedes Zeichen von euch, freut mich, berührt mich.


>  Ich werde jetzt immer gefragt: Kann man dich denn besuchen? Natürlich kann man mich immer besuchen, nur nicht dann, wenn ich auf dem OP-Tisch und in der Intensivstation liege. Nur keine Scheu! Ich freue mich, euch zu sehen! Habt keine Angst: Ihr werdet einem begegnen, der lebt und nicht stirbt und der euch gerne erzählt und euch gerne die Bilder des Lebens gibt.
  

>  Seid unbesorgt und nur ganz natürlich. Ich befinde mich einfach nur auf der Reise. Und wenn ihr mit mir reist, dann seid ihr in meiner Nähe, dann sehe und spüre ich euch, dann gebt ihr mir Kraft, und dann kann ich euch auch viel schenken: Ich schenke euch meinen Garten!
  


>   Nach der stationären Zeit kommt, wie ich vermute und hörte, die Reha-Zeit. Eine Woche, zwei, drei. Irgendwo. Ich freue mich jetzt schon auf diese Zeit. Und wenn ich dann sogar arbeiten, schreiben und zeichnen und malen und euch empfangen und mit euch Gespräche führen und weiter in den Text hinein gehen kann, dann werde ich, das weiss ich schon jetzt, der glücklichste Mensch sein der Welt.
  

DIE MAGISCHE STUNDE





Es war einfach unglaublich. Ganz und gar unglaublich. Als ich am Freitagabend von C. im Spital, nach einem gut zehnstündigen, aber spannenden und abwechslungsreichen Marathon mit Tests, MRI, CT, Röntgen, Gesprächen, abgeholt wurde, fuhren wir über den Staffelegg-Pass, wo ich, obwohl auf schwachen und unsicheren Füssen, unbedingt halten, aussteigen, bleiben musste. (Die Staffelegg ist ein Pass im Schweizer Kanton Aargau. Er liegt zwischen den Orten Küttigen, Thalheim AG und Asp, die Passhöhe liegt auf 621 m. Zwischen Küttigen und Densbüren verläuft die Hauptstrasse 24. Auf der Passhöhe befindet sich ein Restaurant.


Was sich sich dort zeigte, mir gab, war einfach ein Wunder. Ich kann es nicht anders sagen. Was ich sehen konnte und mit der Kamera nehmen, aufnehmen konnte, war deshalb unglaublich, weil es nicht etwas, sondern VIELES war, weil es ALLES war, was es gab, ALLES, was es gibt, ALLES, was sich jetzt gerade in mir ereignet.


Das Wunder dauerte genau eine Stunde – das Lichtwunder, das Farbenwunder, das Entstehungs- und das Verwandlungswunder, das - Weltwunder. Ich knipste und knipste und knipste. Dreihundert, vierhundert Mal. Ich wackelte, torkelte durch die Gegend und mein Körper balancierte, um im Gleichgewicht zu bleiben, und weil ich da war, wach war, ganz bei mir, ganz bei den erscheinenden, bei den konkreten und dinghaften Bildern, bei den gleichzeitig fassbaren, greifbaren und bildlosen Bildern war, kann ich euch diese jetzt auch noch schenken, eine Auswahl zumindest, damit ihr sie sehen, in euch nehmen, damit ihr in sie hinein gehen könnt.


EIN WUNDER KOMMT SELTEN ALLEIN


Es gab auf dem Pass Welten in Welten in Welten, die sich unablässig aus sich heraus schälenden Welten, die dauernd entstehenden und vergehenden Welten. Das war ja eigentlich schon sehr viel, schon viel zu viel. Aber weil es nie zu viel gibt, weil alles, weil jede Schöpfung im Mass und absolut masslos und unvorhersehbar ist, kamen jetzt, auf dem Pass, in dieser einzigen unendlichen Stunde, auch er und auch er und auch noch dazu. Und auch noch dieser, der, als ich das zweite Mal operiert worden bin, starb.



Nachdem  Cy Twombly starb, flossen tagelang seine Bilder durch das Fenster in mein Krankenhauszimmer, seine dinghaften Bilder. Twombly malte nicht, er nahm nicht und formte nicht und gestaltete nichts nach seiner Vorstellung und seinem Willen. Twombly war, er ist ein Glücksfall der Kunst. Er war, man kann es so vielleicht treffend sagen, der Laotse der Kunst. Er malte, indem er nicht malte. Er malte, weil er nicht malte, weil er nicht machte und manipulierte, weil er nur einfach berührte, die Leinwand berührte, so die Wände berührte, dass sie sich aufgemacht haben, dass sie zu atmen begannen, dass sie das, was man bis dahin nicht kannte, aus sich entliessen.



Ich wollte eigentlich mit G. und K., aus München, mit meinen sehr nahen und sehr teuren Freunden, bei Brandhorst die Bilder und Fotos von Twombly anschauen. Ich wollte G. und K. diese Bilder und Fotos zeigen, die nichts mehr abbilden, nichts mehr beschreiben, die über sich hinaus gehen. Ich wollte Ihnen den Unterschied zeigen zwischen den sachlichen, den die Sachen festhaltenden und deshalb überflüssigen und nur banalen Bildern und den dinghaften, elementaren und deshalb ohne Ende öffnenden Bilder.



Ich verspreche: Ich werde The Neverending Image noch weiter und weiter führen. Und ich habe den Wunsch, dass ein Freund oder dass einige Freunde diese unendlichen Bilder in ihre Sorgfalt nehmen, in ihre aufmerksamen Hände und Augen und eine oder einige Ausstellungen machen und die Bilder verkaufen, so verkaufen, dass sich viele freuen und dass viele davon profitieren, dass auch ein solcher Mehrwert entsteht, der die Betreuung meines umfangreichen Bild- und Sprachnachlasses ermöglicht.




Mein Werk, mein Nachlass ist auch ein Thema

Ich werde dieses Thema bald und noch rechtzeitig behandeln. Ich muss jetzt aber noch einmal zurück auf den Pass, auf dem ich nicht nur die Bilder bekam, die ich euch weitergebe, sondern auf dem auch, überraschend, wie aus dem Nichts, nicht nur Twombly auftauchte, mir näher kam, sondern auf dem mir auch Hokusai und Cézanne erschienen, um mir, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, ihre Berge, den Fuji und den Montagne Sainte-Victoire zu geben.



Und weil es schon so viel gab und weil schon so viele kamen, war ich nicht überrascht, dass sich auch noch der Vierte einfand, sich zu mir, zu uns gesellte, der Sehende mit dem Blindenstock, mein Judenbruder, Celan, der die deutsche Sprache gerettet hat und der mir schon vor ein paar Tagen die Schulter berührte.

Wir waren zu Viert auf dem Pass, im Gebirg. Es gab das Gespräch im Gebirg. Es gab den Berg, den Weg und den Berg. Es gab den Berg, der alles enthielt und der sich einmal, zweimal, tausendmal selber gebar. Wir sahen. Wir sahen uns und einander. Und es gab das Rad. Und es gab den Bogen, den Regenbogen, einmal, zweimal, dreimal. Und ja, es gab sogar sie, die Rapunzel, und natürlich den Stein, den Stein, den Stein, - den Piedra de sol.

Und jetzt muss ich gehen… Die Reise geht weiter. Es geht weiter im Text…
Lest meinen Text. Ich freue mich auf eure Zeichen, auf jedes Lebenszeichen. Und wenn ihr mir schreibt und wenn ich nicht lesen kann, lasse ich es mir vorlesen…
Die Schöpfung ist immer Gespräch… Das Gespräch darf niemals versiegen!
Ach, ich möchte noch so viel sagen… Aber es gibt die Zeit, und sie sagt mir: Es ist jetzt Zeit. Ich überlasse mich dem Körper der Zeit und lasse meinen Körper von ihm verwandeln.
Ich erzähle euch dann, wie der Körper der Zeit meinen Körper verwandelt hat, was er aus mir gemacht hat.

Auf Wiedersehen. Nehmt die Geschenke, die ihr in jedem Moment bekommt!!!







 





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Emil Schwarz
Hölibachsteg 3
CH-5412 Gebenstorf
Telefon +4156 2231663
Mobile +4176 3321944
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15 - DIE VIELFACHBEHANDLUNG oder WARTEN OHNE ERWARTUNG



DIE BESTRAHLUNGSBEHANDLUNG

Die letzte Woche war meine Bestrahlungswoche, fast hätte ich gesagt meine Fukushima-Woche. Im labyrinthischen Underground des Spitals, in dem ich mich nicht ein einziges Mal orientieren konnte und mich wieder und wieder verlor, legte ich mich jeden Tag in der Früh und noch einmal gegen Abend nicht in einem verwunschenen oder geheimen Zimmer, aber in einem gut verschliessbaren und gesicherten Raum passgenau auf einen sehr schmalen Schragen. Passgenau musste es sein, das leuchtete mir selber auch ein, denn wenn ich einmal so und das andere Mal so liegen würde und wenn ich nicht ruhig, ganz ruhig sein würde, dann hätten die Strahlen nicht erfolgreich, sondern verheerend sein können. 

Ob die Bestrahlung erfolgreich war, weiss ich nicht, so erfolgreich, dass sie den Tumor so isolierte oder so umschloss, dass dieser seinerseits am nächsten Montag erfolgreich entfernt werden kann. 




Ich wurde, so war das Programm, also zwei Mal am Tag bestrahlt. Es gab im Voraus und auch dazwischen Gespräche, ich wurde vorbereitet und, so gut dies halt geht, in Kenntnis gesetzt. Von zwei Ärztinnen und einem Arzt wurde ich aufmerksam und sehr freundlich betreut. So betreut, dass es nicht nur auf beiden Seiten das gleiche Interesse gab, sondern dass es auch wirkliche Gespräche, Erkenntnisgespräche und auch noch das Lachen gab.



Ja, das Lachen ist mir noch nicht vergangen, wohl deshalb, weil das Lachen einfach zu mir gehört, weil zum Staunen, das ich im letzten Eintrag erwähnte, auch immer das Lachen gehörte. Ich lachte natürlich nicht, wenn ich mit der Spiderman-Maske so ruhig wie möglich lag. Aber filmreif und komisch war die Szene doch jedes Mal. Ich schloss jeweils die Augen und nahm nur wahr. Viel nahm ich nicht wahr. Und eigentlich wusste ich nicht, was mit mir geschah. 


Ohne Gewähr kann ich nur sagen, dass ich den Eindruck hatte, dass sich eine vielarmige, roboterhafte Maschine um mich herum drehte. Die Maschine drehte, aber sie verdrehte mich nicht, weil es um mich und in mir auch noch, tatsächlich, die Drehung, den Kreis und die Arme von Shiva gab. 




Ich hörte Geräusche, ein Zischen und Sirren und Schleifen. Es waren keine Strahlengeräusche, sondern gewöhnliche mechanische Geräusche. Die Geräusche kamen und gingen, sie kamen näher und entfernten sich wieder. Sie waren leiser und wieder lauter. Und sie kamen immer von einem anderen Ort im Raum. Eigentlich erlebte ich jedes Mal ein Konzert.






DIE EIGENBEHANDLUNG

Dem Strahlenkonzert setzte ich kontrapunktisch mein eigenes Konzert entgegen, um es gewissermassen auszugleichen und - ich weiss nicht, ob dies gelang -, heilsam zu machen. Sobald die Maschine begann, versetzte ich mich in eine meditative Trance. Und sobald ich dies tat, setzte sich, ausgehend von meinem Scheitel, ein Strömen in Gang, ein vibrierendes Strömen, das meinen ganzen Körper, von oben bis unten durchdrang. 




Natürlich habe ich nicht die geringste Ahnung, ob meine Eigenbestrahlung irgendwie wirkungsvoll war. Ich weiss nur, dass ich auf diese Weise die Bestrahlungszeiten nicht nur vollkommen angstfrei und locker erlebte, sondern dass ich mich in einem glücklichen, gar euphorischen Zustand befand. Und ich weiss auch, dass mir die immer gleich langen Bestrahlungszeiten jedes Mal kürzer vorkamen. 






DIE NACHBEHANDLUNG


Eine Woche zuvor wurde ich, wie ich schon sagte, nicht eingeweiht, aber aufgeklärt, so aufgeklärt, dass ich in groben, sehr groben und krassen Zügen nur ahnen und wissen konnte, was möglicherweise auf mich zukommen wird: Übelkeit, Schmerzen, Schwindel, Erschöpfung, Verwirrung, Depression, und sogar der Verlust der eigenen Mitte wurden mir perspektivisch in Aussicht gestellt. Ich hatte auch diesmal Glück: Die Schreckenskelche gingen, wenigstens zum grössten Teil, an mir vorbei. Es waren gerade vier Kelche, die ich bis jetzt (!) ausschlürfen oder, ich möchte fast sagen, ausbaden musste. 





DER ERSTE KELCH


Fortsetzung folgt...



14.07.11

14 - NACH DER DIAGNOSE DAS URTEIL

Gestern, vor  genau 67 Jahren startete ich oder besser: stürzte ich, wie mir meine Mutter erzählte, ins Leben. Ich machte damals offenbar keine Anstalten und nahm mir nur einige Minuten, um mich diesem Ort zu geben, dieser Gegenwart, die für mich immer offen war, grenzenlos, unbeschreiblich.

Ich danke allen Freunden, Verwandten, Bekannten, die mich gestern besuchten und die mir wie auch immer nahe gewesen sind.


Vor 67 Jahren begann es. Begann dieses Leben, das mir nicht wie eine Reise, auch nicht wie ein Spaziergang und schon gar nicht wie eine Strapaze vorkam, sondern als Flug, als ein sich dauernd vervielfachender Flug in alle Dimensionen, in, hinter, vor alles. Ich flog.

Ich wurde geflogen. Etwas in mir flog mich, um es genau zu sagen, und das, was mich flog, war Kompass und Auge und wusste genau, wie und weshalb es mich mit dem, was im Da und im Sein war, verband. 


M. mit der ich lange so glücklich wie im Märchen zusammenlebte und mit der ich alles tauschte, so tauschte, dass alles zum Austausch wurde, zum nie abbrechenden Gespräch, das weiter und weiter ging, in jedem Moment, das nie etwas erfand, das nie ins Künstliche ging, diese Frau bat mich damals fast täglich: Stirb nicht! Stirb nicht vor mir! 
Ihre Bitte wunderte und amüsierte mich immer, und weil ich mich durchaus nicht als unsterblich empfand, aber weil ich das Gefühl einer sehr grossen Spannweite hatte, war es für mich nie ein Problem, ihrer Bitte mit dem Versprechen zu entsprechen. 

Sie wird es mir jetzt wohl nicht übel nehmen, dass ich mein Versprechen nicht einhalte, jedenfalls nicht ganz wörtlich, weil mich die Zeit nicht zur Unzeit, aber in einem nicht geplanten Moment vom Spielfeld nimmt. 


Ich war immer ein Mensch der Zahlen, der Zahlen und auch der Farben, und weil ich mich selber und das. was es gab, immer in der Logik und in der Ordnung der Zahlen und Farben erkannte, kann ich mich auch jetzt in der Zahl, die ich erreichte, entziffern. 
Es gibt in ihr die Sechs und die Sieben, die Quersumme Dreizehn. und diese wieder ergibt die Vier. In diesen Zahlen gibt es kein Ende. Es sind im Gegenteil Zahlen, die nicht nur die umfangreiche Dichtung enthalten, den Grossen Gesang, den ich gerne noch schreiben würde, sondern es sind die Zahlen einer in die äusserste Schönheit und in den mutigsten Aufbruch gehenden Schöpfungsgeschichte. 


Ja, noch bin ich Teil dieser Schöpfungsgeschichte. Noch trägt mich die Schöpfung und ihre Geschichte. 
Alles läuft jetzt sehr schnell und gemäss einer genauen Logik in Richtung Ende. Das Ende ist da, und bis zum Ende gibt es Etappen. Wenn ich in mich hinein schaue und auch in die Zahlen, dann sehe ich, wie ich schon sagte, kein Ende. 
Ich sehe kein Ende, sondern den Anfang, namlich die Sechs, in der sich die Eins und die Zwei und die Drei versammeln, also die elementaren Zahlen. Ich sehe die Sieben, also das Ziel, den Weg und das Ziel. Ich sehe die Dreizehn, diese Verwandlung, die dauert. Ich befinde mich im Zustand der Metamorphose. Und es kann, einmal mehr, kein Zufall sein, dass sich diese aus der Sprache begründet. In der Dreizehn ist das Wissen enthalten und, wie ich sagte, die Sprache. Und was wäre die Sprache ohne die Ordnung. Die Sprache, die sich zum Gespräch macht, zum nicht versiegenden Schöpfungsgespräch, zum alles begründenden, Anfangs- und Weltgespräch. 
Vom Du zum Du geht die Sprache, und sie fasst die Dinge und auch die Sachen in einem Fort ins Wir zusammen, in die Ganzheit,  die wir, weil wir keine Ahnung haben, immer noch nicht, keine Ahnung vom Elementaren der Zahlen und Farben, täglich und stündlich zerstören und die dennoch ganz bleibt, immer sich selbst.



Ich wurde mit allem verbunden mit der Sprache und dank der Sprache. Zur Sprache gibt es noch viel zu sagen. Die Sprache ist immer der Anfang. Jetzt gerade will ich nur sagen, dass es zum Wesen der Sprache gehört, dass sie sich aufmacht, dass sie sich einfach nur öffnet, in alle Himmelsrichtungen öffnet, dass sie ALLES aufmacht, erschliesst, entdeckt und beatmet. 






IN DER WIEGE DES STAUNENS

Alles ging und geht jetzt sehr schnell. Alles beschleunigt und
entschleunigt sich gleichzeitig in einer Weise, dass ich selber nur staune. 
Wieder einmal kann ich nur staunen. Ich staunte schon immer über das Vermögen der Zeit, über ihr Verwandlungsvermögen und über die akrobatischen Leistungen, die ihr ohne Aufwand und mit der grössten Leichtigkeit so gelingen, dass sich immer nur Neues ergibt. 


Die Zeit hat ihre Flügel inzwischen so ausgebreitet und so kräftig in den Raum geschlagen, dass sie mich mit einem einzigen Zug, mit einem einzigen Hauch überholte. Es kommt mir vor, als würde sie mit mir spielen, kindhaft und heiter spielen. Sie erscheint mir jetzt garade als Segel, das blendend, gleissend aus meinem Da ins Offene springt, in einen Kosmos hinein, in dem  sich die Winde, die Lichter, die Farben so tauschen, dass sich eine Geburt aus der anderen holt, dass eine Schöpfung die nächate und übernächste gleich überholt.


Mein Leben war immer ein Staunen. Was ich in einem sehr frühen Gedicht formulierte, war immer die Wahrnehmung, die ich hatte. Ich fühlte mich in meinem Leben immer wie in einer Wiege des Staunens. Ich war immer einer, der schaute und staunte, nur immer schaute und staunte. In alles hinein schaute, in jedes Ding und in jede Sache hineinschaute. Und der nie aufhören konnte zu staunen, darüber zu staunen, was es gibt, was sich ununterbrochen dauernd in allem und jedem verwandelnd entfaltet. Natürlich war mein Staunen nicht einfach ein naives und schon gar nicht ein gläubiges Staunen. Oft, nur allzu oft war mein Staunen auch ein Erschrecken, ein Entsetzen und ein Empören. 



Nach umfangreichen, eingehenden Abklärungen und Untersuchungen in den Spitälern Baden und Aarau die erste Operation. Vor einer Woche die zweite Operation, die ich wieder sehr gut überstand. Nach der Diagnose schliesslich

DAS URTEIL:

Glioblastom (medizinisch korrekt: Glioblastoma multiforme) ist der häufigste bösartige hirneigene Tumor bei Erwachsenen. Das Glioblastom weist feingewebliche Ähnlichkeiten mit den Gliazellen des Gehirns auf und wird aufgrund der sehr schlechten Prognose nach der WHO-Klassifikation der Tumoren des zentralen Nervensystems als Grad IV eingestuft. Die Behandlung besteht in operativer Reduktion der Tumormasse, Bestrahlung und Chemotherapie. Eine endgültige Heilung kann derzeit nicht erreicht werden. Die mittlere Überlebenszeit liegt in der Größenordnung von Monaten, manche Erkrankte überleben länger, nur wenige jedoch mehrere Jahre. Die Glioblastom-Zelllinie U87MG war die erste Krebszelllinie, deren Genom vollständig sequenziert wurde.



Eine Diagnose lässt in der Regel einen Spiel- und Interpretionsraum offen. Eine Diagnose beschreibt einen Sachverhalt, der sich so oder so entwickeln kann. Ein Urteil aber ist ein Urteil ist ein Urteil. Es ist klar. Es gibt kein Wenn und Aber.Das Urteil, das ich bekommen habe, kennt keine Instanz, die es anders oder ungültig machen könnte.

So  ist es, und so geht es weiter:

> Seit dem 10. und bis am 16. Juli halte ich mich wieder im Kantonsspital Aarau (Haus Nr. 4/2. Stock):
Ich bekomme tägliche kurze Bestrahlungsdosen. Ich halte mich die übrige Zeit auf dem Zimmer und vor allem schreibend und zeichnend im grossräumigen, schönen Krankenhauspark auf. Ich freue mich auf die Besuche und die Gespräche: 12.00-20.00 Uhr (Wegen der Zeiten und der Termine ist es gut, mir vorher zu telefonieren.)
Ich bin direkt erreichbar unter der Nummer: +41(0)62 838 79 40 oder, noch direkter, unter meiner Mobile-Nr. +41(0)76 332 19 44. Im Spital habe ich mein Laptop, und ich kann dort auch online sein und die Mails lesen und beantworten.


> Vom 17. bis am 24. Juli halte ich mich zu Hause in Gebenstorf und in meinem Atelier in Seon auf.
> Am 25. Juli findet die grosse Operation statt (operative Reduktion der Tumormasse). Danach: ca. 14 Tage Spitalaufenthalt. 

Danach: wahrscheinlich eine Zeitlang Reha.
Danach: Einige Monate Chemotherapie, während dieser Zeit auch noch die Augenoperationen und so weiter... 



Ich befinde mich in Aarau in einem Kompetenzzentrum und in den besten Händen. Und neben den Ärzten, dem Fachpersonal, den BetreuerInnen. den Maschinen und den Medikamenten gibt es meinen inneren Arzt, der zeit meines Lebens bei mir war und der mich immer geheilt und getragen hat.

> Und im übrigen geht es weiter und weiter... weiter im Text, in die Sprache, ins Bild... Besucht mich bitte auf meinem Blog, den ich regelmässig  und so gut ich kann weiter führe, gemäss meiner Kraft, und in den ich meine Sätze und Zeichen und Fotos gebe...

Ich freue mich auf eure Zeichen, und ich danke euch für eure Aufmerksamkeit. Ich wünsche euch allen das Allerbeste und die ganze Schönheit der Welt

03.07.11

13 - ZURÜCK AUF ANFANG

NACHHER IST VORHER

Diagnose: Raumforderung parietal, rechts. - Das klingt immerhin nicht bedrohlich. Es gibt eine Raumforderung in meinem Gehirn, und bis jetzt weiss man nicht, ob diese Raumforderung identisch mit dem Wort Geschwür oder Tumor ist. Und wenn sich die Raumforderung denn als Tumor identifizieren lässt, weiss man noch nicht, wann und weshalb und wie schnell er gewachsen ist. Und man weiss auch noch nicht, ob meine Raumforderung noch mehr Raum, Gehirnraum fordert oder ob sie schon in sich zusammenbricht und sich selber zurücknimmt und auflöst. Man weiss noch nichts.


Die navigationsgesteuerte Biopsie, die am 21. Juni an meinem Kopf vorgenommen wurde und in deren Folge ich eine Woche im Kantonsspital Aarau lag, ergab keinen belastbaren Befund, kein Ergebnis, das wie auch immer behandelt werden kann. Deshalb heisst es jetzt: Zurück auf Anfang. Mehr oder weniger der gleiche Film noch einmal. Eine grössere Bohrung diesmal, und eine grössere Materialentnahme. Ob diese ergiebig sein wird, weiss man nicht. 


Letzten Donnerstag habe ich wieder mein Spitalzimmer bezogen, und ich wurde fast den ganzen Tag untersucht, abgeklopft, gemessen und mit Lichtern und Hämmerchen und Instrumenten und vielen Fragen auf einen Nenner gebracht. 

Ich rücke heute Abend wieder dort ein, wo man mich inzwischen schon kennt und wo ich mich durchaus ganz wohl und sogar heimisch fühle. Alles ist dort korrekt. Alles ist sauber Alle sind nett. Alle behandeln mich als Mensch und mit grossem Respekt. Es herrscht bei allen und allem ein grosses Mass an Sorgfalt und Sorgsamkeit. Die Arbeit aller Bahandelnden und Betreuenden wird von Kompetenz, Achtsamkeit und von einer natürlichen Klarheit bestimmt. Deshalb ist es für mich kein Kreuz- und kein Leidensweg, mich noch einmal den Händen und Augen und dem Können dieser zu überlassen, die wissen, was sie tun, wenn sie meinen Kopf aufschliessen, und die dennoch nur wenig, kaum etwas wissen. 


Nach zehn Tagen im Kantonsspital Baden und acht Tagen im Kantonsspital Aarau und nach Pausentagen dazwischen jetzt also wieder eine Woche in Aarau und dann weiter und weiter... Ich weiss nicht wie lange... Die Operation, die morgen an mir vorgenommen wird, zieht vielleicht eine oder mehrere weitere Operationen nach sich. Und wenn ich diesmal vom Spital zurückkehre, nimmt mein Augenarzt erst die verschobene Linsenkapselsprengung an meinem rechten Auge vor. Und wenn die Auswertung meiner Kopfgeburt und des Schatzes, der in ihr verborgen liegt, keine dramatischen Nachbehandlungen erfordern, dann liege ich bald danach, Ende Juli, in einer anderen Stadt, in einem anderen Krankenhaus. In der Augenklinik Luzern wird man mir die Augen aufschneiden und mir beidseitig eine neue Hornhaut einsetzen, damit ich in meinem künftigen Leben auch noch sehen und lesen und schreiben und zeichnen und malen kann. 


ALLES FLIESST


Ja, panta rhei... alles fliesst. Überall, innen und aussen... Weil meine Zeit jetzt in der beschriebenen Weise fliesst, aber nicht zerfliesst oder ausfliesst, sondern sich einfach anders sammelt, ist es realistischerweise nicht möglich, dass ich an den Terminen iin diesem und im nächsten Monat festhalte. Dies betrifft alle Daten und Vereinbarungen, die ich in der Atelierakademie, mit anderen Künstlern, mit Geschäftspartnern und mit Freunden getroffen habe. Wenn ich trotzdem einhalten kann, was geplant und vereinbart war, werde ich diese, die gemeint und betroffen sind, von Falll zu Fall informieren. Ich danke meinen Freunden und allen, denen ich in irgendeiner Weise verpflichtet bin, für ihre Nachsicht und ihr Verständnis. 


Alles fliesst, aber nichts geht verloren. Alles verwandelt sich nur, - immerzu, dauernd. Alles bringt sich in einem Fort in eine neue Ordnung hinein, in neue Konstellationen und neue Strukturen. 
Ich staunte im letzten Winter in Thailand täglich, weil ich auf jede Frage die pragmatisch buddhistische Antwort bekam: No Problem. Es gab tatsächlich nie, kein einziges Mal ein Problem. Jedes Problem wurde gleich und ohne Umweg und auf die unkomplizierteste Art und Weise gelöst. Und wenn es irgendwas gab, das nicht gleich gelöst werden konnte, war es logischerwweise auch kein Problem. 


Dass eine Kultur, die die Probleme, welcher Art sie auch immer sind, einfach löst, unheimlich befreiend ist, liegt auf der Hand. Unser europäische Problemkultur ist alt und hartnäckig, und sie ist diese Leidenskultur, die vielen, sehr vielen den Atem nimmt, den Raum, die Freiheit, sich selbst. Ein bisschen Buddha täte uns gut. Probleme sind immer Leiden, und Leiden sind immer Probleme, und wenn man, wie wir es machen, die Probleme nicht löst, sondern nur mit neuen Problemen und Problemantworten behandelt, schafft man folgerichtig nur unabsehbares neues Leid. Wir sind Problemweltmeister, und weil wir die Probleme, die wir mit unserem Jenseits- und Leidensglauben erzeugen, so gut beherrschen, ist es uns gelungen, die Welt zum globalen Problemfeld zu machen, zum unabsehbaren Feld, auf dem überall immerzu alles zusammenbricht, alles verloren geht, alles zerstört wird, alles in Hässliche kippt. Unsere Lösung war immer die Erlösung, - die Erfindung dieser Erlösung, die sich dem Denken, dem Glauben, dem Wünschen, dem Wollen und Wünschen verdankt, die aber nie auch nur das Geringste mit dem Da, mit dem Jetzt, mit der fliessenden, sich verwandelnden, sich immer und immer in die Ganzheit entwickelnde Schöpfung zu tun gehabt hat. Wir erfanden die Erlösung, diesen irrsinnigen Wahn, weil wir das Dasein trennten, weil wir alles teilten, was war. Wir nahmen dem Da das Sein und dem Sein das Da, und wir gewannen so diese Macht, an der wir noch immer festhalten, obwohl sie offensichtlich in allen und allem nur Ohnmacht erzeugt:



ICH WEISS, DASS ICH NICHTS WEISS


Was ich eben erwähnte, hat auch mit dem Spital, mit der Medizin und mit allem zu tun, was mit dieser zusammen-hängt. Ein Krankenhaus ist naturgemäss ein Ort der Leiden und der Probleme. Würde man meinen. Würde man denken. Dachte ich selber bisher. Ich kannte die Medizin bis vor kurzem nur von aussen, vom Hörensagen. Sie war nur ein Gerücht für mich, ein Gerücht mit vielen Namen und Vermutungen und Vorbehalten und Unbekannten. Etwas Riesiges, Undurchschaubares, Unberechenbares, und auch eine Macht. Und jetzt, da ich mit einem Mal und unerwartet und plötzlich in das medizinische System hineingaraten bin und sogar ein Teil von ihm wurde, stelle ich erstaunt und verwundert fest, dass dieses nicht einfach geschlossen, sondern sehr offen ist. 



Ich hörte, wie ich sagte, in Thailand immer wieder den Satz: No Problem. Und jetzt hörte ich in meinen bisherigen Krankenhauszeiten so oft diesen Satz wie noch nie: Ich weiss nicht. Die Ärzte sagten nicht nur mir, ich weiss nicht, sondern sie sagten diesen Satz auch den anderen Patienten. Ich muss es genauer sagen: Die Ärzte sagten: Wir wissen soviel, und das und das wissen wir nicht. 


Die Sätze No Problem und der Ich weiss nicht meinen und bewirken dasselbe: Sie öffnen die Frage, die Aufmerksamkeit, die Achtsamkeit und den Weg. Sie verunsichern nicht, sondern sie klären. Sie öffnen und schaffen Raum. Sie manipulieren nicht und behaupten nicht und beziehen sich nicht auf ein Glaubenswissen, das es nicht gibt. 


Ich weiss, dass ich nichts weiss, sagte Aristoteles, und das, was er wusste, war deshalb nachhaltiger als vieles, was sich die europäische Philosophie ausdachte. Und die Juden, die weiter gingen, immer weiter und weiter, in alle Dimensionen, in alles hinein und hinaus, stellten die Frage ins Zentrum, die Frage, die alles bewegt und alles ins Fliessen bringt, die nicht sucht, sondern findet, die nicht teilt, sondern eint und erkennt.


Ich muss gehen. Die Fortsetzung folgt. Das Krankenhaus ist auch ein Ort der Geschichten, ein Ort der Bilder, ein Ort der Grenzen, ein Ort, an dem alles ganz konzentriert und intensiv zusammenkommt. Ich bleibe am Ball. Ich werde die Bilder zur Sprache bringen und die Geschichten erzählen, die mir die kommenden Tage geben. 

Ich residiere ab Sonntag wieder im Kantonsspital Aarau, im Haus Nr. 4/2. Stock. Ich bin direkt erreichbar unter der Nummer: +41(0)62 838 79 40 oder unter meiner Mobile-Nr. +41(0)76 332 19 44. Im Spital habe ich mein Laptop, und ich kann dort auch online sein und die Mails lesen und beantworten.



Gebenstorf, 03. Juli 2011